Der Reichtum unseres Planeten an
Planzen und Tieren bzw. geordneten Strukturen im Allgemeinen
ist überwältigend. Wir nehmen dies als gegeben hin, jedoch
stellen wir nur selten die Frage woraus diese Fülle an
geordneten Strukturen resultiert. Schon die Fliege an der
Wand ist derart komplex, dass sie mit keinem heute zur
Verfügung stehenden Verfahren nachgebaut werden könnte.
Menschliche Technologie ist geprägt vom Paradigma
werkzeugbasierender Formungsprozesse, die üblicherweise in
Fabriken und Werkstätten ausgeführt werden. In der Natur sind
solche zentralisierten Produktionsapparate allerdings nicht
zu finden, was die Frage aufwirft, worauf das Konzept der
Natur zur Erschaffung komplexer Strukturen überhaupt basiert.
Nach heutigem Kenntisstand stellen Musterbildungsprozesse wie
Selbstassemblierung und Selbstorganisation die Grundlage
dieser geheimnisvollen Schöpfungskraft dar. Die Arbeit
beschäftigt sich mit der Erforschung selbstorganisierender
Prozesse, da diese, im Gegensatz zur Selbstassemblierung,
derzeit kaum verstanden sind. Bisherige Untersuchungen deuten
zudem darauf hin, dass Selbstorganisation die fundamentale
Basis natürlicher Musterbildungsprozesse darstellt. Die
Forschung in diesem Feld ist nicht nur von Neugier getrieben,
sondern vor allem der Notwendigkeit geschuldet nachhaltige
und umweltfreundliche Strategien zur Güterproduktion zu
entwickeln. Im Hinblick auf die rapide fortschreitende
Ausbeutung natürlicher Rohstoff- und Energierecourcen besteht
dringender Handlungsbedarf auf diesem Gebiet. Momentan fehlt
es allerdings an technologischen Alternativen zu etablierten
Verfahren. Von der Natur zu lernen erscheint naheliegend,
jedoch stößt dieser Versuch schon im Ansatz auf tiefgreifende
Probleme. Das Prinzip der Natur durch gezielte Stimulation
komplexer Systeme hochgeordnete Strukturen zu generieren ist
sowohl analytisch als auch theoretisch kaum erfassbar. Trotz
derartiger Widrigkeiten gelang es dieses elegante Konzept der
Natur nachzuahmen und einige seiner fundamentalen Mechanismen
aufzudecken. Studien an Edelstahl zeigen, dass sich in diesem
komplexen Modellsystem mittels gezielter Stimulation
hochgeordnete Strukturen erzeugen lassen. Die daraus
hervorgehende Multifunktionalisierung dieses Alltagsmaterials
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