UNGLAUBLICH NAH – KIRCHE, DIE ZU DEN MENSCHEN KOMMT
„Am Himmelszelt war alles unglaublich nah, unglaublich emotional, authentisch“ (I9 08.10., Pos. 6) – so umschreibt eine Beteiligte das Himmelszelt der EKKW auf der Landesgartenschau in Fulda. Eine andere bemerkt positiv: " … dass die Kirche auf die Menschen zukommt und nicht die Menschen auf die Kirche" (Brautpaar 2 Teil 1, Pos. 132). Sie fassen eine Beobachtung zusammen, die alle Befragten teilen: mit diesem Projekt hat die EKKW einen Schritt aus den Kirchenmauern heraus zu den Menschen hin unternommen und ist ihnen nah gekommen. Immer wieder ist aus den Daten dieser Begleitforschung zu lesen, wie das Himmelszelt (auch als ein „Ort ohne Schwellen“ bezeichnet) auf unterschiedliche Art und Weise berührt, angestoßen, belebt und zum Wachsen beigetragen hat.
Kirche in Transformationsprozessen
Gerade im Kontext großer gesellschaftlicher wie auch kirchlicher Veränderungen sind innovative Projekte, die gewohnte Pfade verlassen, eines genaueren Hinsehens würdig. Die neue Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung (KMU 6) der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zeigt sehr deutlich auf, dass sich sowohl die konfessionelle Zusammensetzung als auch die allgemeine Religiosität in Deutschland in den letzten Jahrzenten drastisch verändert haben. So schwindet nicht nur die Kirchenzugehörigkeit oder -bindung, sondern auch das allgemeine Interesse an Religiosität sinkt (EKD, 2023, S. 6). Gleichzeitig beschäftigt sich die Religionssoziologie schon lange mit dem Phänomen der Säkularisierung. Promintente Vertreter wie Charles Taylor differenzieren dabei, denn neben einer institutionellen Säkularisierung stellt er mit vielen anderen Forscher*innen eine subjektive Respiritualisierung fest (Taylor 2012). Eine ambivalente Situation für die Kirchen, die an Macht und Einfluss verlieren und sich gleichzeitig aufmachen müssen, sich auf dem neu entstehenden pluralisierten Marktplatz des Spirituellen zu orientieren. So liegt es also nahe, dass sich viele Landeskirchen aufmachen, Neues auszuprobieren, Kirche weiterzuentwickeln, um auf die Bedürfnisse einer sich verändernden Gesellschaft einzugehen - um nach wie vor relevant zu sein, für Menschen da zu sein und das Evangelium zu kommunizieren. Auch im kirchlichen Handeln auf der Landesgartenschau zeigt sich dies.